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Hauptseite - Alter Kram - Werkzeuge - Kopierrad, ca. 1930er Jahre -
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Kopierrad, ca. 1930er Jahre
Abb. 1 - Kopierrad bzw. Kopierrädchen, ca. 1930er Jahre (Für eine größere Ansicht auf das Bild klicken)
Kopierrad bzw. Kopierrädchen, ca. 1930er Jahre zur Übertragung bzw. Kopie von Schnittmustern auf Schnittmusterbögen.
Technische Daten:
Gesamtlänge: 17,9 cm.
Grifflänge: 9,8 cm.
Griffdurchmesser: 1,29 - 2,32 cm.
Raddurchmesser: 2,23 cm.
Material: Holz (Griff) und Stahl (Gabel und Rad).
Alterszuordnung und mögliche Herkunft:
Dieses Kopierrädchen zu datieren fällt nicht ganz leicht, da seine Gestaltung durchaus irreführend ist. Auf den ersten Blick erweckt es den Eindruck, von ca. 1900 zu stammen, insbesondere wegen des Schmuckelements am Knauf, der im Grunde keinerlei Funktion erfüllt, sondern lediglich schmückendes Beiwerk darstellt und auch wegen der schwarzen Lackierung, die damals durchaus gern für Gebrauchsgegenstände gewählt wurde. Vergleicht man jedoch Kopierräder aus den 1940er Jahre oder später, finden sich solche für ein Werkzeug eigentlich überflüssigen Gestaltungselemente nicht mehr, und auch der Holzgriff ist häufig nicht farbig lackiert.
Gleichwohl kann das Kopierrad nicht von ca. 1900 stammen. Dies ergibt sich recht eindeutig aus der Tatsache, dass die Metallgabel, die das eigentliche Rädchen hält, eine Chromschicht aufweist, also verchromt ist. Dass es sich tatsächlich um eine Chromschicht handelt lässt sich nicht nur an den wohl durch eine Feile verursachten Riefen in der Nähe des Nietbolzens erkennen (vgl. Abb. XXX), sondern auch daran, dass diese Schicht in der Nähe der Gabelung regelrecht abblättert, wie man es auch von Chromstoßstangen etc. kennt (vgl. Abb. XXX).
Verfahren zur Verchromung im industriellen Maßstab standen jedoch erst in den 1920er Jahren zur Verfügung, und bis zur flächendeckenden Einführung dieser Verfahren dürfte es ebenfalls noch einmal eine Reihe von Jahren gedauert haben. Darum scheint es sinnvoll zu sein, das Kopierrad auf ca. die 1930er Jahre zu datieren, nicht jedoch auf eine spätere Herstellungszeit. Gegen eine Fertigung nach den 1930er Jahren spricht insbesondere die Gestaltung mit Schmuckelementen (gleichwohl sich dies auch damit erklären ließe, dass die Zielgruppe speziell dieses Kopierrades etwas besser gestellte Privathaushalte waren). In den 1940er, aber auch noch den frühen 1950er Jahren herrschte bekanntlich kriegsbedingt ein erheblicher Materialmangel in allen möglichen Bereichen, so dass bei so gut wie jeglicher Art der Fertigung Sparsamkeit höchstes Gebot war und auf überflüssige Gestaltungselemente verzichtet wurde - auch wenn es sich nur um wenige Zentimeter Holz handelte. Für ein Vorhandensein des Kopierrades in den 1940er Jahren und damit einer früheren Fertigung spricht auch der Reparaturversuch bzw. Austausch des Rädchens. Der Austausch eines solchen Rades macht nur Sinn bei einer erheblichen Abnutzung oder Beschädigung, was jedoch eine längere Einsatzzeit voraussetzt. Wie auf Abb. XXX zu sehen, wurde jedoch kein passendes Rädchen eingesetzt, sondern eines, dessen Mitteloch im Durchmesser nicht dem Durchmesser des Nietbolzens entsprach, der das Rädchen in der Gabelung hält. Damit war das Kopierrad, da das Rädchen nicht richtig rund laufen konnte, nur sehr bedingt einsetzbar. Dass hier auf diese Notlösung zurückgegriffen wurde lässt ebenfalls auf Materialknappheit schließen. Interessant dabei ist, dass eine Betrachtung des Ersatzrädchens unter starker Vergrößerung eine Art pockennarbige Oberfläche zeigt (vgl. Abb. XXX), was auf entfernten Rost hindeutet und für gewöhnlich in dieser Art gerade bei älteren Objekten (insbesondere vor den 1920er Jahren hergestellt) auftritt; somit könnte das als Ersatz eingesetzt Rad eventuell älter sein als das eigentliche Werkzeug.
Damit lässt sich zusammenfassend festhalten, dass das Kopierrad wahrscheinlich in den 1930er Jahren hergestellt und in den 1940er Jahren notdürftig repariert wurde.
Wo das Kopierrad gefertigt wurde lässt sich aufgrund jeglicher fehlender Herstellerangaben nicht genau ermitteln. Indirekt könnte jedoch die Tatsache, dass das Rädchen ganz offensichtlich bereits einmal ausgetauscht wurde allerdings einen Hinweis geben, wobei die Maße des Nietbolzens sowie des Rädchens selbst eine Rolle spielen.
Ein Zoll entspricht bekanntlich 2,54 cm - d.h., der originale Nietbolzen mit einem Durchmesser von 2,6 mm, der das Rad in der Gabelung des Werkzeuges hält, entspricht daher grob ⅒ Zoll und das Mittelloch des Rädchens mit einem Durchmesser von 4,7 mm etwa ⅕ Zoll (vgl. Abb. XXX). Dies könnte - unter Berücksichtigung gewisser Fertigungstoleranzen - eventuell auf eine britische Fertigung hinweisen, da beide Bauteile annähernd Zollmaßen entsprechen und bei einer Fertigung auf dem europäischen Festland sicherlich das metrische System verwendet worden wäre (der Nietbolzen also eventuell 3 mm Durchmesser und das Mittelloch vielleicht 5 mm aufgewiesen hätte). Dafür spricht umso mehr, als dass ja das Rädchen bereits ausgetauscht wurde und es schon ein erheblicher Zufall sein müsste, dass das Ersatzrad ebenfalls keine glatten metrischen Werte aufweist, weder beim Mittelloch noch beim Gesamtdurchmesser. Dennoch bleibt eine mögliche britische Herkunft des Kopierrades rein spekulativ.
Reparatur bzw. Funktionswiederherstellung:
Um das Kopierrad wieder in einen funktionsfähigen Zustand zu versetzen war es zunächst nötig, den Nietbolzen, der das Rad in der Gabelung hält, zu entfernen. Dabei zeigte sich, dass durch den schon sehr viel früher stattgefundenen Austausch des Rades deutliche Spuren dieses Austausches auf der Chromschicht der Gabel hinterlassen wurde. In der Makroansicht sind deutlich die Spuren einer Feile zu erkennen (vgl. Abb. XXX). Das Abfeilen des Nietbolzens war notwendig, da dieser durch Hammerschlag auch auf dem eigentlich nicht mit einem Nietkopf versehenen Ende so verdickt wurde, dass er nicht mehr aus dem Führungsloch in der Gabel herausrutschen konnte. Nach dem Einsetzen des Rades wurde das glatte Ende des Nietbolzens erneut durch Schlagwirkung aufgeworfen und somit verdickt, so dass auch bei der hier geschilderten Reparatur nichts anderes übrig blieb, als den Nietbolzen erneut am aufgeworfenen Ende abzufeilen (was hier allerdings nicht mit einer Feile, sondern mit einem Schleifbock geschah, wodurch weiterer Abrieb an der Chromschicht der Gabel verhindert werden konnte). Danach wurde der Bolzen mit einem entsprechenden Bolzentreiber ausgetrieben, so dass das Rad aus der Gabelung entfernt werden konnte.
Wie bereits vermutet zeigt sich, dass das in der Mitte des Rades befindliche Loch einen sehr viel größeren Durchmesser aufwies als der Nietbolzen, der dem Rad als Achse dient. Der Unterschied betrug immerhin gut 2,1 mm, so dass es praktisch unmöglich oder zumindest stark erschwert war, mit dem Kopierrad korrekt zu arbeiten. Somit war es nötig, den geringeren Durchmesser des Bolzens auszugleichen.
Dazu wären prinzipiell zwei Vorgehensweisen möglich gewesen.
Erstens hätten die Löcher in der Gabelung entsprechend aufgebohrt und ein Bolzen mit einem Durchmesser von ca. 4,7 mm eingesetzt werden können.
Die zweite Möglichkeit bestand darin, den Unterschied in den Durchmessern von Bolzen und Mittelloch des Rades durch einen ca. 1 mm dicken Ring mit einem Außendurchmesser von 4,7 mm und einem Mittelloch von 2,6 mm auszugleichen.
Seite erstellt am: 08.05.2022
Zuletzt geändert am: 12.05.2022
URL: http://www.fledisoft.de/sys/system/index.php?verz=alter.kram._werkzeug_kopierrad.ca.1930er.jahre
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