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Hauptseite - Alter Kram - Münzen, Medaillen, Coins - Werthmarke 30 T, ca. 1900 -
Kategorie-Bearbeitungsstatus: Abgeschlossen
Werthmarke 30 T, ca. 1900 oder früher
Abb. 1 - Werthmarke 30 T, ca. 1900 (Für eine größere Ansicht auf das Bild klicken)
Diese Wertmarke mit dem aufgeprägten Wert "30" entstammt einem für weniger als fünf Euro erworbenen Konvolut an diversen Wertmarken bzw. Coins oder Token, die z.T. jüngeren Datums sind, z.T. aber auch wie der ebenfalls im Konvolut enthaltene Boston-Whist-Coin aus dem 19. Jahrhundert stammen. Diese - beim Kauf sehr stark verschmutze - Wertmarke soll, trotz ihrer ersteindrücklich eher spartanischen Ausgestaltung, etwas näher betrachtet werden, da sie doch einige Besonderheiten aufweist.
Abb. 2 - Perlrand Vergrößerung.
Abb. 3 - Vergleich gereinigt / ungereinigt
Abb. 4 - T-Ausstanzung Makro.
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Daten und Beschreibung der Wertmarke:
Die Marke besitzt einen Durchmesser von 24 mm, eine Dicke von ca. 2,1 mm und weist ein Gewicht von 3,4 bis 3,5 Gramm auf (das Konvolut enthielt zwei dieser Marken, die sich im Gewicht um 0,1 g unterscheiden).
Die Marke weist auf der Vorderseite einen in zeittypischer Schrift gestalteten, dem Rand folgenden und mittig ausgerichteten Schriftzug "Werth-Marke" sowie den Nennwert "30" auf, umgeben von einem handwerklich recht gut ausgebildeten Perlrand (vgl. Abb. 2). Im unteren Drittel zeigt die Marke eine aus neun Punkten gebildete Linie (vgl. Abb. 5).
Die Rückseite zeigt, wiederum von einem Perlrand umgeben, erneut den Nennwert "30" in einer größeren Ausführung.
Die hier behandelte Wertmarke weist einen kupferartigen Farbton auf, der (ersichtlich an kleineren Beschädigungen der Oberfläche sowie den Innenrändern des ausgestanzten T's) nicht etwa durch eine Galvanisierung hervorgerufen wird, sondern tatsächlich dem Material an sich geschuldet ist, jedoch erst nach einer gründlichen Reinigung der Marke einwandfrei als solcher erkennbar wird (vgl. Abb. 3). Das Material dürfte entsprechend aus einem bronzeartigen Material, jedenfalls einer stark kupferhaltigen Legierung bestehen, keinesfalls jedoch aus reinem Kupfer, das für den vorgesehenen Gebrauch allein auch viel zu weich wäre (als Ergebnis einer Volumenberechnung unter Berücksichtigung des spezifischen Kupfergewichtes dürfte der Kupferanteil der Legierung bei ca. 25 bis 30 % liegen).
Eine der oben genannten Besonderheiten der Marke besteht in dem offensichtlich ausgestanzten Buchstaben "T". Das T ist bei dieser Marke recht mittig getroffen, es lassen sich jedoch auch Exemplare finden, bei denen der Buchstabe leicht schräg versetzt und nur annähernd mittig gestanzt wurde. Zudem lassen sich auch gleichartige Marken mit anderen Ausstanzungen (z.B. S-förmig) finden und auch Marken ohne jede Stanzung. Daraus lässt sich nur der Schluss ziehen, dass der Hersteller der Marken seinen Abnehmern noch zusätzliche Möglichkeiten der Spezifizierung der Marken anbot, sie offensichtlich auch genutzt wurden. Die Ausstanzungen dürften deshalb wohl auf Kundenwunsch stattgefunden haben; dass es sich dabei um einen zweiten Arbeitsschritt gehandelt haben muss, zeigt die mikroskopische Betrachtung der Stanzränder, die recht scharf ausgeprägte Ecken aufweisen, die so bei einem anderen Herstellungsverfahren sicherlich nicht entstanden wären (vgl. Abb. 4).
Das eingestanzte T dient somit der Individualisierung bzw. der Kennzeichnung für einen spezifischen Bereich, in dem der Wert der Marke anerkannt wurde (z.B. nur in oder bei einem bestimmten Unternehmen oder einer spezifischen Gemeinde).
Abb. 5 - Linie aus neun Punkten.
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Verwendung:
Über die konkrete Verwendung der Wertmarke ließ sich, da jegliche weiteren Hinweise fehlen, vorerst nichts ermitteln. Da sich jedoch problemlos andere Marken der gleichen Gestaltungsart auch mit anderen Werten, Ausstanzungen (sowie ohne), mit zusätzlich eingeprägten Buchstaben oder auch in vermessingt finden lassen darf wohl davon ausgegangen werden, dass sie (aufgrund des übereinstimmenden Schrift- und Prägebildes) wahrscheinlich alle vom gleichen Hersteller stammen, weit verbreitet gewesen und in verschiedenen Bereichen eingesetzt worden sein dürften. Dies würde auch ihr heute noch häufiges Vorkommen, das sich in entsprechenden Kaufangeboten auf diversen Plattformen spiegelt, erklären, wobei es auch eine Reihe von Angeboten aus dem Ausland gibt, so z.B. aus Polen und den USA, wobei eines der Exemplare aus Süd-West-Afrika (also dem ehemaligen deutschen Kolonialgebiet, heute Namibia) stammt.
Dieses spezielle Stück trägt unter der 30 auf der Vorderseite zusätzlich den offensichtlich professionell eingeprägten Schriftzug "Klein Aus A. Bolz", was nicht nur Hinweise auf das Alter, sondern auch den Einsatzort dieser besonders geprägten Marke liefert. Denn bei "Klein Aus" handelt es sich offensichtlich um eine von Adam Bolz je nach Quelle entweder 1908 oder 1909 erworbene Farm, ca. 100 Kilometer von Lüderitz entfernt, die in Anlehnung an die ca. 25 Kilometer entfernte Siedlung Aus (was so viel wie 'Große Schlange' bedeutet) benannt wurde. Bolz war zuvor Mitglied der sog. Schutztruppe gewesen, also Teil der deutschen Kolonialbesatzungstruppe, wobei der Erwerb von Farmland durch ehemalige 'Schutztruppler' wohl gewissen Erleichterungen unterlag. Die Farm blieb auch nach dem Ende des I. Weltkriegs noch einige Jahrzehnte im Familienbesitz, wurde schließlich verkauft und bietet heute u.a. Lodge-Urlaube an, besteht also noch immer.
Der Gebrauch der Wertmarken scheint dabei auf Klein Aus recht exzessiv gewesen zu sein, da sich recht einfach auch Angebote anderer so zusätzlich mit "Klein Aus A. Bolz" geprägter Wertmarken mit den Nennwerten 10, 15, 25, 100 und 300 finden lassen. Da es sich letztendlich um einen Privatbetrieb gehandelt hat - unabhängig von etwaigen Geschäftsbeziehungen mit anderen, in der Nähe befindlichen Unternehmungen wie z.B. Minengesellschaften usw. - und sich dennoch auch nach 100 bis 110 Jahren sehr schnell ein recht großes Angebot an derlei geprägten Marken aus Klein Aus finden lässt (und hinzu treten noch jene, die sich unbemerkt in Privatbesitz befinden) ist der Schluss zulässig, dass die Wertmarken in recht großen Mengen verwendet worden sein müssen. Es darf wohl berechtigt angenommen werden, dass die derzeitigen Angebote im Laufe der Zeit noch durch weitere 'Entdeckungen' solcher Marken in Nachlass-Sammlungen etc. erweitert werden.
Zudem wird eine weitere 30er Wertmarke offensichtlich des gleichen Herstellers wie der hier behandelten angeboten, auf dem sich ebenfalls ein eingeprägter Name findet, nämlich "Mich.Moll", was wohl für Michael Moll stehen dürfte. Der Anbieter dieser Marke gibt keine weiteren Details hinsichtlich des möglichen Alters oder der Herkunft an.
Einen möglichen Hinweis dazu bietet aber eventuell der Windhuk Militär-Friedhof, vor Ort auch bekannt als Alter Windhuk Friedhof, auf dem u.a. sowohl in den Herero- und Nama-Kriegen gefallene Soldaten, deutsche Kolonialbeamte als auch deutsche Siedler begraben liegen.
Auf diesem Friedhof findet sich ein obeliskartiger Grabstein, der folgende Inschrift trägt:
"Hier ruht in Gott!
Stabsveterinär
Michael Moll
geb. 25.10.1865
gest.6.11.1904
Windhuk"
Möglicherweise stammt diese Marke also ebenfalls aus Namibia, wobei auffällt, dass beide Marken damit auch einen militärischen Bezug hätten und in diesem Rahmen möglicherweise schon vorher in Gebrauch waren. Gegen diese Vermutung spricht allerdings, dass der Gebrauch solcher Wertmarken in Deutsch-Südwestafrika in vielen Zivilbereichen üblich gewesen zu sein scheint - so finden sich z.B. auch Wertmarken bzw. 'Hotelgeld' des Hansa Hotels Miersch sowie des Hafen Hotels in Swakopmund, die von ca. 1900 - 1910 stammen und verschiedene Werte aufweisen; dabei weisen alle - abgesehen von Farbabweichungen - das gleiche Prägebild auf.
Gleichwohl muss deutlich darauf hingewiesen werden, dass dieser mögliche Zusammenhang ohne weitere Verifizierungen rein spekulativ bleiben muss.
Hinsichtlich der schon erwähnten Wert-Marke eines polnischen Anbieters kann diesen Punkt abschließend angemerkt werden, dass diese Marke exakt genau so aussieht wie die anderen hier besprochenen Marken, jedoch ein kleine Abweichung dahingehend zu zeigen scheint, als dass der aus Punkten gebildete Strich im unteren Drittel der Marken-Vorderseite nicht aus neun, sondern nur aus sieben Punkten besteht (sofern sich dies anhand eines Fotos feststellen lässt).
Ob das Angebot aus Polen auch auf den Gebrauch dieser speziellen Marken in den ehemaligen deutschen Ostgebieten verweist, muss vorerst eine Vermutung bleiben.
Mögliche ursprüngliche Herkunft:
Dass die Wertmarke aus dem deutschsprachigen Raum stammt dürfte aufgrund der Beschriftung in deutscher Sprache und des nachgewiesenen Gebrauchs der Marken in wenigstens einem deutschen Kolonialgebiet (und eventuell in den Ostgebieten) unstrittig sein. Ob sie jedoch tatsächlich aus Deutschland bzw. dem Deutschen Reich der Kaiserzeit stammt bzw. dort produziert wurde und somit eventuell den Wert von 30 Reichspfennigen repräsentiert, kann fraglich sein - eine Herkunft aus dem deutschsprachigen Teil der Schweiz oder Österreich ist zwar erheblich unwahrscheinlicher, jedoch nicht ausgeschlossen. In diesen Fällen könnte die ursprüngliche Marke einen Wert bzw. Gegenwert von 30 Rappen oder 30 Heller repräsentiert haben, gleichwohl sie durch das Fehlen einer Währungsangabe prinzipiell weltweit hätte eingesetzt werden können.
Wahrscheinliches Alter:
Die Wertmarke dürfte ca. zwischen 1880 und 1910 entstanden sein.
Die zeitliche Zuordnung der Marke kann nicht nur über die nachweisliche Verwendung derselben in Namibia, sondern insbesondere auch über die Schreibweise des Wortes "Werthmarke" erfolgen, bei dem, wie zu sehen, der Wortteil "wert" noch mit "th" geschrieben wird (neben dem ausgestanzten "T" die zweite Besonderheit).
Bereits auf der Konferenz zur Herstellung größerer Einigung in der deutschen Rechtschreibung (auch als Erste Orthographische Konferenz bezeichnet), die 1876 stattfand wurde vorgeschlagen, das "th" im Auslaut wegzulassen, so dass sich aus "werth" eben "wert" ergeben hätte. Diese und weitere vorgeschlagenen Regelungen wurden jedoch vielfach von den Landesregierungen nicht anerkannt und konnte sich als offiziell geschützte, 'amtlich verordnete' Schreibweise nicht durchsetzen, gleichwohl sich in der Praxis dennoch die Schreibweise häufig veränderte, insbesondere durch die Verbreitung des 1880 erschienenen, von Konrad Duden verfassten Wörterbuchs, das 1892 zumindest in der Schweiz als amtliches Wörterbuch offiziell eingeführt wurde. Daneben wurde in anderen deutschsprachigen Ländern die alte Schreibweise beibehalten oder eigene Regelungen geschaffen. Erst mit der II. Orthographischen Konferenz von 1901 in Berlin wurde das "th" auch als Wortendung bei nicht aus einer Fremdsprache stammenden Wörtern endgültig abgeschafft. Die amtliche Einführung dieser und anderer Beschlüsse fand in Deutschland, Österreich und der Schweiz bereits 1902 statt.
Trotz dieser relativ zeitnahen Umsetzung auf amtlicher Ebene kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass sich die neuen Rechtschreibregelungen auch sofort in der industriellen Praxis oder im Handel niederschlugen - sicherlich wurden z.B. bereits gedruckte Verkaufsverpackungen noch verbraucht, "Werth"-Marken weiterhin im Umlauf gehalten und Prägestempel auch - zumindest bis zur notwendigen Neuanfertigung und Ersetzung - mit der älteren Rechtschreibung in Gebrauch geblieben sein; die vollständige Umsetzung in die Praxis dürfte wohl mehrere Jahre gedauert haben. Von daher kann das Alter der hier behandelten Wertmarke zwar nicht exakt angegeben, jedoch zumindest in einem sinnvollen Rahmen eingegrenzt werden.
Abschließend anzumerken ist, dass diese Wertmarke in ihren verschiedenen Versionen meist auch als 'Notgeld' angeboten wird. Genau genommen scheint dies aber nicht zutreffend zu sein, da Notgeld nur dann zum Einsatz kommt, wenn keine tatsächlich alltäglich brauchbare Währung vorhanden ist und deshalb das staatliche Zahlungsmittel ersetzt werden muss. Während des wahrscheinlichen Produktionszeitraums der Marke, die noch vor dem I. Weltkrieg und nach der Gründung des Deutschen Reichs liegt, war dies aber gar nicht notwendig. Der Gebrauch dieser Marke muss also nur in einem jeweils eng begrenzten Bereich möglich gewesen sein. Im Falle der Farm Klein Aust in Namibia ließe sich z.B. denken, dass Dienst- oder Arbeitsleistungen oder auch bestimmte Produkte von außerhalb der Farm damit entlohnt wurden und die Marken später gegen Farmprodukte im genannten Wert eingetauscht werden konnten, tatsächlich also als eine Art Privatwährung darstellten, nicht jedoch als Notgeld im Sinne eines Ausgleichszahlungsmittel verstanden werden können wie z.B. die kurz nach dem II. Weltkrieg als tatsächliches Notgeld eingesetzte Fahrmarke 10 Reichspfennig. Ohne weitere Quellen hierzu bleibt dies jedoch vorerst eine nicht ganz unwahrscheinliche Möglichkeit, gleichwohl auch noch die recht triviale Möglichkeit chronischen Kleingeldmangels in den Kolonialgebieten zur Etablierung solchen Behelfsgeldes geführt haben könnte.
Seite erstellt am: 21.02.2022
Zuletzt geändert am: 09.05.2022
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